Geführt von Erich Gantzert-Castrillo am 17.07.2007
EGC: Günther, Du hast von 1973 bis 1979 an der Münchner Kunstakademie bei Karl Fred Dahmen Malerei studiert und in Deiner ersten Ausstellung 1974 in der Akademie sechs graue Bilder gezeigt. Den Angaben zufolge sind diese auf Nessel mit Dispersion und Kreide gemalt. In den folgenden Jahren hast Du ein großes Konvolut an Bildern auf so unterschiedlichen Bildträgern wie Blei, Leinwand, Cotton duck, Kupfer, Holz, Sperrholz, Hartfaserplatten, Pressspan, Aluminium, Masonit und Polyestergewebe geschaffen. Zu den schon erwähnten Farben – Dispersion/Kreide – kommen Acryl, Ölfarbe, Tempera und Luftlack und auch Blattgold dazu. In der Zeit von 1974 bis 1990 hast Du immer wieder Nessel als Bildträger verwendet und mit unterschiedlichen Farbsystemen bemalt, wie: Dispersion/Kreide, Acrylfarbe und Ölfarbe. 1990 hast Du neben einer vierteiligen eine dreiteilige Shaped Canvas-Arbeit geschaffen, hier liegt der Nesselstoff über Holz. Deine ersten sechs grauen Bilder in der Klasse von Karl Fred Dahmen hast Du mit Dispersion und Kreide auf Nessel gemalt sowie zwei weitere, die im Besitz Deiner Tochter Cécile sind. In dem Gespräch, das Du mit Thomas Groetz geführt hast, fragt er Dich: »Die monochromen Bilder im Frühwerk sind zunächst grau und schwarz, haben diffuse und stumpfe Oberflächen und entfalten dann langsam ihre Farbigkeit, quasi aus einer Negation heraus. Ist diese Beobachtung zutreffend?« Du antwortest darauf: »Die grauen Bilder, die in den ersten 3 Jahren an der Akademie gemalt wurden, sind aus einer gewissen Verweigerungshaltung heraus entstanden. Über einer schwarzen Grundierung liegt ein grauer Schleier, ähnlich einer gewischten Schultafel. Jedes Grau oder Schwarz hat eine Farbigkeit, die über einen Vergleich mit anderen Farben erfahrbar wird.« Hast Du die Materialien aus Kostengründen so gewählt oder weil Du mit dieser Materialwahl die gewünschte Bildvorstellung erreichen konntest?
Der Fachbereich Abstraktion lädt herzlich ein zur Ausstellung non–finito Vollkontakt. Die schönsten Probleme der Welt, ein Gruppen-Ganzes aus abstrakten Problemformalisierungen, konkreten Materialkonfrontationen und unfertigen Gruppenbegehren.
Wenn die Kunstproduktion allgemein und der malerische Prozess im Besonderen ein Vollkontakt ist – mit dem Material, mit der Arbeit als endlose Aufgabe, mit dem Anspruch der Kunst, mit den eigenen Unzulänglichkeiten –, dann bleibt dieser Kontakt in einem fertig- und ausgestellten Kunstwerk nur als eine Ahnung übrig. Da die Spur einer körperlichen Anstrengung, da der Schatten des existenziellen Zweifels, und irgendwo immer die Resistenz des Materials.
Die Unmöglichkeit der vollständigen Übersetzung des vollkontaktischen Prozesses in sein Produkt eröffnet eine Kluft, die sich als schönes Problem darstellt und dem sich ein weiteres hinzugesellt: der Kontakt mit der Kunst in der Rezeption. Ich, selbst handgriffliche Analphabetin und den Vollkontakt mit außertextlichem Material stets vermeidend, kann den malerischen Handgriffen nur in der Rezeption und dann als Text begegnen, in dem sich ein weiteres Kontaktproblem eröffnet: die Sprache. Non-finito Kontakt- und Konfrontationsketten, niemals lösend, stets problemorientiert vermehrend. Am Ende sagen alle, ob abstrakte Malerin oder figurative Schreiberin, geeint in der Dialektik, geh mir weg mit deiner Lösung, sie wäre der Tod für mein Problem.
Sophia Rohwetter
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Atlas-Sklave von Michelangelo 1523 - 1526(Lieblingsverzweiflungsausdruck, among others. Sich den schweren, grob behauenen Steinkopf abreißen wollen. )
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Gestern vor dem Einschlafen stand mir glasklar ausformuliert vor Augen, was ich mit Vollkontakt meine. So klar, dass man sich sicher ist, es nicht zu vergessen und nicht nochmal das Licht anmacht, um es aufzuschreiben.natürlich vergessen.Ich glaube ich will sagen, dass man als Künstler eigentlich immer arbeitet. Alle sichtbare, ununterbrochen auf einen einschießende Welt ununterbrochen in Beziehung setzt zum Denken und zum Tun. Man verdammt dazu ist, das Gesehene verstehen zu wollen und etwas daraus zu machen. - Wie es angemessen überführen und umsetzen? Und die treffendsten Ergebnisse erzielt, wenn man maximal verstrickt ist ins Material und in Kontakt mit sich selbst.
0,5 Studienjahre = 1 Sommer = 1 Buch. selbstständige Anmeldung per campus-online .
Kompliziertes lesen, kompliziertes Lesen
Im Seminar Sommersemester 24 lesen wir gemeinsam ein Buch: “Die lebende Münze” von Pierre Klossowski, frz 1970, dt.1982. Von Foucault als “das größte Werk unserer Epoche” angepriesener, komplexer philosophischer Essay. Das Geld, die Währung, die Münze als totales Äquivalenzmittel, wird mit Bezug auf Marquis de Sade als menschliche Lebensform fantasiert. Ein Fetisch mit Eigenleben, ein Dämon, der durch umfassendes Begehren zugleich herrscht und beherrscht wird: Herr und Knecht. Die Lektüre kann schnell vermiest werden durch ein interpretatorisches Zustellen, wenn man sich auf die einschlägigen Begriffe der Produktion, des Begehrens, des Tausches, etc. versteift. Im close reading des kleinen Buchs (ca.80 Seiten) über das gesamte Semester hinweg wird eine konzentrierte Auseinandersetzung mit Inhalt und vor allem Form des Textes verfolgt. Dazu sollte Bereitschaft mitgebracht werden: sich auf das Komplizierte, das Unverständliche einzulassen.
We will read the text in German translation, discuss and debate it in German. If necessary, the French edition will be consulted.
For an English-language reading group, please refer to Literature and Language Arts 1 in the winter semester. If you are interested in the extra-curricular reading group (English, German, etc., starting this summer semester), please send an e-mail with the subject ExCu to: s.janitzky@akbild.ac.at
“Seit der Mitte des letzten Jahrhunderts sind im Namen des Gefühlslebens Anathemata gegen die industrielle Zivilisation geschleudert worden. Den Produktionsmitteln der Industrie eine schädliche Wirkung auf die Gefühle zuzusprechen, bedeutet, daß man sie – noch in der Denunziation ihres demoralisierenden Einflußes – als eine wichtige moralische Macht anerkennt. Wie kommt sie zu dieser Macht? Nur aufgrund der Tatsache, daß der Akt der Objekt-Fabrikation selbst seinen eigenen Endzweck in Frage stellt. Wodurch unterscheidet sich dann der Gebrauch geräteartiger Objekte vom Gebrauch derjenigen, welche die Kunst herstellt und die für das Auskommen unnütz sind? Keiner denkt daran, ein Gerät mit einem Simulakrum zu verwechseln. Es sei denn, daß ein Objekt nur als Simulakrum einen notwendigen Gebrauch darstellt.” “Die lebende Münze” Pierre Klossowski, S.1
Umzingelte Rezipienten Die Drone Music will heutzutage lieber Kunst sein statt Musik. Sie bäumt sich mit Praktiken wie der »Partizipation« und Begriffen wie »meditativ« oder »Deep Listening« auf, um am Ende in ein kulturindustrielles Dilemma zu geraten.
Das nichtsnutzige Sitzen könnte aber auch eine Ehrenrettung dieser in Verruf geratenen Alltäglichkeit sein. Gerade jüngst erschienen diverse Medienberichte, die vor dieser lebensgefährlichen Körperhaltung warnten. «Sitzen tötet», hiess es.
Alice Creischer/Andreas Siekmann imInterview über ihren Werdegang (new professors of Fachbereich contextual painting.) Jetzt: Kunst und Bild |Kontext ……..
Kodwo Eshun (Kandidat für die diaspora aesthetics Professur. Wir fanden seinen Vortrag toll, haben aber keinen Einfluß auf die Besetzung) Heller als die Sonne übersetzt von Dietmar Dath
CLASS MEETING Mo. 11.12.23, 11:00 | ca 13:00 AUFBRUCH ZUM GELITIN.BRUNNEN IN FAVORITEN WEIHNACHTSFEIER 11.12. ab 17 UHR. Di, 12.12.23: ganztägig zwanglose Jahresendbesprechung zum persönlichen Status Quo : Pläne, Ängste, Wünsche
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Kiki vor Manu-Bild ____________________________
Tuesday, 12.12.23 at 117 from 11 am: short, informal, individual end-of-year talk about your personal situation.
How are you doing? How is your artistic work going? Is there anything we can support you with?
We look forward to seeing you all!
Even those who had no time to come to the class meetings.
…….. Hearings Kunst und Bild | Figuration 13. + 14.12.23 AdbK Schillerplatz, Sitzungssaal (EG) ab 10 Uhr Come by ……………
Über Malerei: Theater als Bild – vice versa Gloria Pagliani, Alice Dal Bello, Alexander Harve
Fr 15.12.23 19h Exhibit Eschenbachgasse 11
Stephan Janitzky in Köln Gereonswall 110 Eröffnung 16.12.23
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Souveränes Nonfinito: In Rudolf Levys „Stillleben mit Mimosen“ von 1942 endet der Tisch einfach im Nichts und gibt Raum für die kobaltblaue Signatur des Künstlers (Quelle: FAZ)
…. . .. .. … …. … IN DIE SELBERDENKERSZENE ABGEDRÄNGT
„Es ist anregend zu verfolgen, wie die früher ins Solipsistische lappende und auch vom Verfasser dieser Zeilen seit Jahren nie ganz verstandene „Denkpsychologie“ in Dialoge gebracht wird und auf Verständnisfragen tatsächlich handgreiflich erklärende Antworten hervorbringt. Eine Outsider-Science wird anschlussfähig, vielleicht zulasten ihres künstlerisch-performativen Anteils.„
Eine Woche im Kloster, eine Woche niemand anderer da als wir. Ruhe suchen, Distanz zur Stadt finden, draußen Essen, draußen Arbeiten. Im großen Innenhof, Fisch grillen auf dem Feuer.
Erste Lehrstunde: An Freskomalerei gibt es nicht viel zu romantisieren, die meiste Zeit ist mehr oder weniger anstrengende Baustellenarbeit. Bewegungsspielraum fürs erste begrenzt zwischen Mischmaschine und Wand. Mörtel anmachen und anwerfen. Schaufel und Kelle statt Pinsel und Palette.
Arriccio, Intonaco, Intonachino. Schicht um Schicht auftragen, dazwischen viel warten – Lässt sich aber gut aushalten an so einem Ort. Dreimal Mörtel, dreimal handwerkliches Geschick gefragt, bevor es ans malen geht. Malen, das laut Hannes reine Umsetzung sein soll. Malen mit Plan also… so garnicht meine Stärke.
Und dann am dritten Tag endlich der erste Pinselstrich, ein kleiner Moment der Erleichterung, endlich etwas bekanntes. Pinsel & Farbe an die Wand. Festhalten am bekannten Malmodus im Atelier, langsam aber sicher den Prozess verstehen, neue Wege finden und es etwas übertreiben. Man muss lernen direkt zu sein, konkret, alla prima Malerei eben. Erst nach einigen Strichen verstanden was das eigentlich heißen soll. Malerei die die Zeit überdauern soll muss wohl scheinbar direkt sein.
Dort wo vor einigen hundert Jahren noch geschwiegen wurde, haben wir uns im Redeschwall verloren.
Das stetig wachsende Audio-Archiv von Sabine Oelze und Marion Ritter auf ARTBLOG COLOGNE ist Gold wert. Pralle Kunst-, Zeit-, Ideen- und Individualgeschichte der Protagonisten ohne Umweg in dein Ohr, um dort Evidenzgefühle auszulösen. Ah! … Echt? Leicht eingefärbt in freundlich verwaschenem rheinischen Singsang läuft es besonders gut rein. Ausnahmen erwecken sogleich Argwohn. Ein Mann mit Dialekt aus Fulda erscheint verdächtig. schwatzhaft. Im Grunde unglaubwürdig.
Gute Entscheidung, die Interview-Fragen auszublenden. Die HörerIn sich ununterbrochen und vollständig den Eigenheiten von Stimme und Bericht der sprechenden Person hingeben kann.
Als Einstieg wird Benjamin Buchloh empfohlen. Er hat Ahnung und ist rumgekommen im Milieu und Metier. 1960er, 70er Jahre Köln/Düsseldorf. Polke, Broodthaers, Richter, Immendorff, Genzken, Beuys, Heubach, Zwirner, Galerien, früher Kunstmarkt. Bedingungen, Denken. Austausch mit Übersee. Was ist denn gute Kunst?
Danach vielleicht Gisela Capitain. Galeristin mit Galerien in Berlin und Köln, kennt Martin Kippenberger seit den späten 70er Jahren und veranschaulicht, warum er eine wichtige Figur | zentrale Bezugsgröße für die Gegenwartskunst bleibt. Obwohl er schon seit 1997 tot ist. Zunächst arbeitete Capitain als Assistentin in der Galerie Max Hetzler und lernte viele Künstler*innen kennen, die sie anfangs auch in ihrer eigenen Galerie zeigte. 1986 eröffnete sie ihre eigenen Räume, zunächst mit Schwerpunkt auf Papierarbeiten. Die 1980-er Jahre, die „Goldenen Jahre von Köln“, waren geprägt von einem harten Konkurrenzkampf um die „besten Behauptungen“.
ebenfalls gestern teilgehört und für interessant befunden:
Chris Reinecke, Friedrich W. Heubach, Peter Bömmels, Siegfried Gohr, Willi Kemp, Markus Oehlen, Albert Oehlen, Franz Erhard Walther, Kasper König, Birgit Hein
Chris Reinecke war 1961 an der Kunstakademie Düsseldorf in der Hoehme-Klasse und überhaupt in „Freie Kunst“ die einzige Frau. Erst in den 1970er Jahren wurde es langsam besser.
Polke
Magie – Art et Politique
Weil Buchloh ausführlich über den öffentlich ausgetragenen Streit zwischen Broodthaers und Beuys 1972 spricht und es sich dabei um eine ewig schöne, exemplarische, grundsätzliche Auseinandersetzung handelt, an der sich viel ablesen und aus der sich viel lernen läßt, hier ein Text des Kunstkritikers Wilfried Dickhoff, der die Sache mit Material anreichert, erschließt, erhellt, vertieft. hoffentlich Nicht ganz einfach.
(keine Ahnung, wie sich das gegenwärtig darstellt. ob überhaupt irgendwie interessiert. Hier die TikTok Version. kleiner Spaß)
Wer das noch nicht kennt, nach der Vergangenheits- zur Gegenwartsorientierung: sich durch CONTEMPORARY ART DAILY zu graben kann frustrieren, bildet nicht alles ab und gaukelt vor, daß die digitale Betrachtung eigentlich reicht. Bietet aber immens viel Info, alles, was (vorrangig westliche) Galerie oder Institution rausrückt, Bild-Material meist in hoher Auflösung und damit eine gute Orientierungshilfe im aktuellen Ausstellungswesen. Hier kann man ablesen, was gerade als Kunst gilt, vielleicht auch geht, jedenfalls gezeigt und angeboten wird für Geld. Ob es einem gefällt, oder nicht.