Habe diese Inschrift auf Steinen und Zäunen entlang Wanderwegen im UNESCO Naturpark Puez Geisler gefunden. Im Zusammenhang mit der 9. Biennale Gherdëina und dem Thema “Parlamënt dla muntaioles”, beruhend auf den Fanessagen in welchen von der verheißenen Zeit die Rede ist in der das Volk der Fanes wieder aus seinen unterirdischen Verstecken empor treten kann und die Virilität der Naturfeindlichen Herrscher, der Vergangenheit angehören.
Sind diese und andere Anzeichen bereits die Wende in Richtung verheißene Zeit.
Als das Grödnertal noch in Armut lebte meinte ein weiser Pfarrer,der von der damaligen und heutigen Bevölkerung immer noch hoch geschätzt ist (zahlreiche Kerzen zieren sein Grab immer noch), dass die Bevölkerung eines Tages enorm reich wird bevor sie wieder allmählich alles verlieren werden.
Aus taoistischer Sicht der normale Weg des natürlichen Wandels. Wie man aber jetzt die Kunst ins Spiel zieht sei fraglich. Als hässlich und schändlich bezeichnet, ja sogar Rufschädigend das Wort Gröden verachtend, wurde die Biennale Gherdëina wieder ein mal von Passanten beschimpft. Ich selbst finde es immer noch erstaunlich wie leicht man noch Aufsehen und Furore hervorbringen kann wenn man sich am Land bewegt. Es scheint als wäre man hier noch nicht so abgestumpft wie in einer größeren Stadt.
Besonders einige Werke entlang des Dorfzentrums St. Ulrich sollten auch gerade in der Hochsaison, das ohnehin schon kitschige Dorfzentrum zudem aufbrezeln und die flanierenden Touristen aus Allerwelt bespaßen. Am besten handgeschnitzte Unikate in stattlicher Größe. Kritik wird hier als Unangemessen wahrgenommen. Ich glaube, dass gerade dies eine perfekte Bühne sei um mit Kunst im hier und jetzt zu arbeiten. Im querschnitt der Masse agierend zwischen einem Touch von Bellepoque und doch nicht in jenes abzurutschen.
Im allgemeinen eine supper Initiative um im Grödnertal auch mal etwas anderes als Wand und Gartenschmuck zu presentieren, ausbaufähig ist es jedoch immer. Ein großes Potential steckt weiterhin im Konzept Biennale Gherdëina.
Was es mit den einzelnen Werken auf sich hat sei dahingestellt. Auch schwer sie im allgemeinen zu sehen ohne die Lokalisierung im Hinterkopf zu haben.
Darin der Autor eine Revision des “Falles Hölderlin” einleitet, die zu dem Schluß führt, dass der Dichter die zweite Hälfte seines Lebens keineswegs in geistiger Umnachtung zugebracht hat und auch nicht geisteskrank gewesen ist. Vielmehr zeigt es sich, dass H. an den banalen Widrigkeiten in der realen Welt scheiterte und sich unverstanden von ihr zurückzog. Mit tollen Textanalysen.
Der Komponist Wolfgang Rihm ist gestorben. Mit ihm verlieren wir einen der ausdrucksstärksten Musiker und sprachmächtigsten Denker unserer Zeit.
Jäh wie ein Schrei, ein Blutsturz, ein Kuss brach die Musik von Wolfgang Rihm um 1970 in unsere Welt. Mit einer Vehemenz, die damals verstörte, sagte der noch nicht einmal Zwanzigjährige in seiner Kunst „Ich“. Als auf dem Höhepunkt der seriellen Musik das Subjekt fast völlig durch das System erstickt worden war, als Tonhöhen, Tondauern, Artikulationen und Klangfarben reihentechnischen Regeln zu gehorchen hatten, setzte ein junger Mann auf Körper, Ausdruck, Wucht wie Innigkeit gleichermaßen.
Und mit der Verstörung – Wie kann der das wagen?! – ging sofort die Bewunderung einher: Wie kommt er dazu, so frei und zugleich so souverän zu sein, so unbefangen und zugleich so kenntnisreich, so kraftvoll und dennoch von keinem Ressentiment, keiner Ideologie angestachelt?
Mit den Erfahrungen komponieren, nicht gegen sie
Schon als Elfjähriger hatte Wolfgang Michael Rihm, am 13. März 1952 in Karlsruhe geboren, zu komponieren begonnen. Seine Eltern standen seiner besonderen Begabung, wie er selbst es formulierte, „unaggressiv“ gegenüber. Er durfte ungehindert tun, wonach es ihn drängte, sich nehmen, wonach seine Seele hungerte und was sein Können voranbrachte. Noch sein zweites Streichquartett schrieb der Achtzehnjährige auf dem Esstisch der Eltern. Offenbar fand er in Eugen Werner Velte, dessen Karlsruher Professur für Komposition er 1985 übernehmen sollte, einen Lehrer, der es verstand, der Neugier durch Handwerk Richtung und Nahrung zu geben.
Rihm studierte bei Klaus Huber und Humphrey Searle, aber auch noch bei Karlheinz Stockhausen, einem der exponierten Machtmänner der Neuen Musik jener Zeit. Und er ging, obwohl er künstlerisch so anders war, nicht auf offene Konfrontation zu ihnen. Rihm war kein Polemiker, keiner, der ästhetische Vergeltungsschläge führte. Eine seiner Maximen lautete, man müsse mit den gemachten Erfahrungen komponieren, nicht gegen sie.
Doch die Attacken gegen Rihm folgten schnell. Sein drittes Streichquartett „Im Innersten“ wurde 1977 in Royan uraufgeführt. Aus schartenschlagender Gewalt stürzt die Musik unvermutet in eine verletzliche, tonal gefasste Innigkeit, die Erinnerungen an die Musik um 1900 nachzittern lässt. „Ich musste mir anhören, das sei ‚faschistische Musik’. Wahnsinn!“, erzählte Rihm der F.A.Z. im Jahr 2022. „Das war natürlich als Einschüchterung beabsichtigt, hat aber nicht gewirkt. Man wollte mich damit sofort mundtot machen. Wenn man als junger deutscher Komponist im Ausland auftrat und nicht eine in den entsprechenden Bereichen für gut befundene Ästhetik artikulierte, wurde man sofort mit dem Nazivergleich konfrontiert. Ich habe es in England erlebt, dass die BBC im Radio einen Bericht über die Aufführung meines Stücks ‚Dis-Kontur’ sendete. In dem Stück gibt es bestimmte Partien mit relativ harscher Akzent-Rhythmik. Sie wurden im Bericht überlagert vom Geräusch marschierender Stiefeltritte. Nahegelegt werden sollte damit: ‚Jetzt marschieren die Deutschen wieder.’“
Rihm, dessen beeindruckende Körpergröße ihm in Auseinandersetzungen eine natürliche Autorität verlieh, besaß neben seiner musikalischen Begabung auch eine sprachliche Artikulationsfähigkeit, die durch ein Musikwissenschaftsstudium bei Hans Heinrich Eggebrecht mit Fachwissen geschult sowie durch lebendigen Umgang mit Dichtung und Philosophie belebt worden war. Sie ließ viele Kollegen vor Neid erblassen.
Als Sechsundzwanzigjähriger schrieb er in seinem Essay „Ins eigene Fleisch…“ gegen die Verbotsdogmen und den ästhetischen Säuberungsterror im Sektenbetrieb der Neuen Musik an: „Um uns herum werden Attrappenprobleme aufgestellt. Profilneurotische Feldzüge werden geführt gegen Moden, Vergreisung, Tonalität, Nichttonalität, Verschleiß, das ungenaue Unisono, die Gefahr der Gruppenbildung … – alles Scheingefechte, Ersatzgefühle Gängelkram! Nur ein ungebundener Geist, ein unbändiger, ist Komponist“.
Die Siebziger- und teils auch Achtzigerjahre waren bei Rihm geprägt durch die Suche nach einer neuen Unmittelbarkeit. Seine Kammeroper „Jakob Lenz“ stellte 1977 das Eintauchen in den Zustand der Zerrissenheit einer frühromantischen Dichterseele an die Stelle streng linearer Erzählung. In späteren Opern wie „Die Eroberung von Mexiko“ oder „Dionysos“ ist das Erzählen völlig aufgegeben zugunsten eines Kreuz- und Querschießens von Bezügen zwischen bedeutungsgeladenem Material. Vor allem, das hört man auch in seinem Klaviertrio „Fremde Szene“, einer Hommage an Robert Schumann, wollte Rihm seine Hörer packen, sie nicht kaltlassen, von Gewalt und Zärtlichkeit erzählen, von Verführung und Irresein, von Verletzungen, die aus zu großer Nähe entstehen können. „Ich will berühren und berührt werden“, war ein weiterer, bezeichnender Rihm-Satz.
Doch bald dachte Rihm darüber nach, dass jedes Subjekt sich durch Sprache, Geschichte und Kultur immer schon vermittelt äußere. Noch im Jahr 2023 wies er im Gespräch mit dem Philosophen Peter Trawny den zum Kitsch verkommenen Begriff der „Stille“, gar der „Ur-Stille“, zurück, weil Musik und Stille „zu sehr ein Kulturphänomen“ und in Kontexte der Erinnerung wie der Erwartung eingebunden seien.
So findet sich bei Rihm die rituelle Gewaltsamkeit seines Balletts „Tutuguri“ neben der historisch reflektierten Passion „Deus passus“ wie das Rohe neben dem Gekochten. Das Buch „Von realer Gegenwart. Hat unser Sprechen Inhalt?“ von George Steiner wurde mit seinem Erscheinen ein Leitfaden für Rihm, wie er 2004 in einem Podiumsgespräch mit Steiner in Berlin bekannte. Was Rihm wie Steiner gleichermaßen faszinierten, waren jene Schichten im Menschen, die auf dessen vorsprachliche Existenz sowie dessen tierische Vorgeschichte verwiesen. Auch das Wort, so Rihm damals, trage Schichten in sich, die älter seien als es selbst, Schichten, die auf die vormenschliche Zeit des Lebens verwiesen. Diese Schichten erkunde die Musik und bringe sie in Verlaufsformen.
Die Spannung von unmittelbarer, realer Gegenwart des musikalischen Sprechens und dessen unentrinnbarem Gewordensein durch Kultur wie Geschichte durchzieht auch Rihms Musik.
Sein Tod reißt einen Krater in unsere Welt
Zugleich faszinierten ihn die „Verlaufsformen“ mehr und mehr: das Momenthafte des Werks und die Überlegungen, dessen Fest-Stellung in der definitiven Gestalt zu entkommen. Der Orchesterzyklus „Jagden und Formen“, der als „work in progress“ zwischen 1995 und 2008 wuchs und sich wandelte, ist so ein klingender Essay über Zeit und Gestalt. „Vers une symphonie fleuve“ dachte zuvor schon über musikalischen Gestaltwandel im Fluss, über mähliche Zustandsveränderungen und die Eingliederung des Impulsiven in langfristige Verlaufskurven nach.
Rihm hatte ein unglaubliches Hör-Repertoire. Mozarts Klavierkonzerte waren ihm ein Evangelium; an Puccini fiel ihm auf, dass er manches vorweggenommen hatte, was Mahler gutgeschrieben wurde; an Rachmaninow bewunderte er die aufrichtige Empfindung bei gleichzeitiger Fähigkeit, aus kleinen Molekülen riesige Formen bauen zu können. Dass Rihm ein besonders inniges Verhältnis zur Musik von Johannes Brahms hegte, war kein Geheimnis. Immer wieder machte er auf Stellen aufmerksam – in der Instrumentation wie der Harmonik –, wo Brahms das Ungeheuerliche ganz leise ausspricht. Die stillen Stücke „Das Lesen der Schrift“, am Rande der Hörbarkeit, sind Rihms Interpolationen zu Brahms’ „Deutschem Requiem“; sein Liederzyklus „Das Rot“ nach Karoline von Günderrode sucht Resonanzen zu Brahms’ „Vier ernsten Gesängen“.
Das Lied hat Rihm durch sein ganzes Leben getragen, auch durch die schwere Krebserkrankung der letzten zwei Jahrzehnte. Noch 2022 waren die „Terzinen an den Tod“ nach Albert Vigoleis Thelen und danach noch der Zyklus „Überwundene Zeit“ nach Uwe Grüning entstanden. In der Nacht zum 27. Juli ist Wolfgang Rihm im Alter von 72 Jahren in Ettlingen gestorben. Sein Tod reißt einen Krater in unsere Welt. Die Musik verliert mit ihm an Sprachmacht, die Kunst einen Fürsprecher.
[Erinnerung: der Abstrakte Kollegen Treff ist offen für Beiträge aller Mitglieder des Fachbereichs.]
Von Manuel Bauer
Feierabend! Das war das erste was ich angekommen in Berlin auf einem der Flixbusse lesen konnte, und die rot weiß gestreifte Spitze des Fernsehturms. Ohne Internet seinen Weg in die Stadt zu finden ist heutzutage fast schon ein kleines Abenteuer für sich aber zum Glück hatte ich einige Bildschirmaufnahmen von einer Mappe auf meinem Handy. Nach ein paarmal umsteigen fand ich dann endlich zu meiner Herberge und füllte meinen Wasserhaushalt wieder auf. Die Synagoge gleich an der Oranienburgerstraße war leider immer noch versperrt als ich vorbeilief. Wie beim Letzten Abendmahl von Leonardo da Vinci sitzt man nebeneinander in der U8. Die U-Bahnstationen sind teilweise so niedrig, dass ein 2m Mensch fast schon den Kopf einziehen muss. Ich sehe fast nur unter 35 Jährige. Auf dem Weg ins Kitkat läuft ein verhungerter Fuchs über die Straße im Hintergrund sieht man ein Späti mit blinkenden Lichtern. Trotz eines Sonntagabend konnte man hier gut feiern mit Internationalen Gästen oder weniger sexy gesagt, Touristen so wie ich es war. T-shirt Verbot und Handyverbot lockern die Stimmung. Das Motto hier scheint viel Haut und noch mehr Respekt zu sein. Bemerkenswert war keinerlei Sex am Klo zu sehen, denn das ist hier überall möglich. Meine Armbanduhr war völlig nutzlos, da die Batterie alle war, und als ich wieder aufbrach schien bereits die Sonne und man sah die harte Seite Berlins mit Obdachlosen und Spendengängern links und rechts, die ihr Glück bei den Partygängern versuchen. Ein womöglich aus dem spanischen Raum stammender Mann fragt mich nach Nummern und erst nach einigen Minuten verstand ich, dass er sein Handy suchte, welches ich leider nicht erreichen konnte.
Im Bett angelangt befreite ich mich von den Kettenriemen welche ich mir salopp beim Obi zusammengebastelt habe und als Outfit trug.
Nach 3 Stunden Schlaf ging es wieder los in den Tag, den ich ja bereits begonnen hatte. Ohne Plan gabs dann erstmal eine Stärkung bein Rewe nebenan. Hier kann man sich mit einer scan Pistole die gewünschten Artikel schon während dem einkaufen scannen und dann am Ende gleich alles bezahlen. Lasertag im Supermarkt. Planlos schländer ich durch die Straßen und steige in eine S-bahn nach Spandau ein. In Spandau, welches ich nur aus dem Fernseher kannte seh ich gleich einen Streit zwischen zwei Männer und einigen Jugendlichen, die plötzlich wie auf pfiff anfingen zu sprinten als die Polizei einfuhr. In den Arcaden Spandau kaufte ich mir dann eine Flasche Wasser und die Dame vor mir ließ den zu bemittleidenden Herrn an der Kassa 10 Cent Trinkgeld in 2 und 1 Cent-Münzen, weil sie Kleingeld nicht leiden kann. Er konnte aber kein Trinkgeld annehmen und schrie dies der Dame hinterher, welche aber sich nicht beeindrucken ließ und ihren Tätigkeiten nachging. Ich machte mich dann auf den Weg nach Neukölln. In der U-Bahn nickte ich ein und wachte gerade noch rechtzeitig bei der Haltestelle Rathaus Neukölln auf. Autos, orientalische Restaurants, Bäckereien und Discounter so weit das Auge reicht. Gefühlt sind überall Preisschilden in Angebotsmarken zu sehen. Mit der Ringbahn ging es zum ehemaligen Flughafen Tempelhof. Ich entschied mich eine Bahn entlangzulaufen bis an das andere Ende des Feldes. Schlappe 2 km später schau ich zurück und seh den Boden flackern unter der Mittagshitze. Doch sogar hier hört man noch den Verkehr der Stadt, begegnet aber ausschließlich Spaziergängern mit Hunden, Joggern, Fahrradfahrern und Inlineskatern. Ich schaute noch beim Café Engels vorbei, welches ein guter Freund von mir empfohlen hat und finde dass die Berliner so auf ersten Blick schon als Menschenfreunde durchgehen. Beim Kottbusser Tor gab es dann einen Döner mit Allem und scharf.
Im Kultureinkaufshaus kann man nicht nur super Bücher stöbern sondern auch ungestört verweilen und auch das Internet verwenden welches ich nutzte um Ausschau nach einem Badesee zu machen. Dies getan ging’s wieder los in Richtung Krumme Lanke. Ich fühlte mich wirklich wie ein Flummi welches kreuz und quer durch Berlin geworfen wird. Nach den Umstieg in die U3 nickte ich einige male ein und schlief letztendlich bis fast zur Endstation. Der Humor der Berliner ist bei der Namensgebung, dieses Badesees welcher leicht gekrümmt ist, erkennbar. Ich dreh eine Runde um den See und entscheide mich für einen Sprung ins Kühle Nass, welches eine der Besten Entscheidungen war. Im Wasser begegnete ich zwar keinen Schlangen oder Fischen, sehr wohl aber Berlinern, die mit Kind und Kegel das selbe vorhatten wie ich. Mein Kreislauf war endlich wieder in Schwung und beim zurück spazieren seh ich all die kleinen Häuschen wohlhabender Familien links und rechts. Verständlich, denn hier im Grünen lässt sich’s im Sommer besonders gut leben.
Krumme Lanke
In der U3 zurück setzen sich zwei junge vermutlich Studenten vis a vis von mir hin, die ein sehr individuellen Style pflegten und Kinderfotos als Ohrringe trugen dazu eine Snoopy Krawatte und ein Mr. Bean Anzug, darunter ein orange kariertest Hemd. Auf der linken Seite ein Mann mit Glitzersteinen und Perlen im Gesicht seine Sitznachbarin ebenfalls mit Glitzer im Gesicht und stark gegeeltem Ponny. An meiner rechten war ein mann der den einen mit Kinderfotoohrringen beschimpfte und wirr herum gestikulierte (wahrscheinlich unter Einfluss irgendwelcher Substanzen), an der linken ein älterer drähtiger Mann mit zerrissenen Hosen und offener Haut. Ein beißender Geruch machte sich breit. Weder Abscheu noch Mitleid war in den Gesichtern der Anderen sichtbar. Es schien einfach schlichtweg normal zu sein. Es sind solche die Momente an denen ich mich einfach frage ob es so etwas wie Glück und Pech gibt und was wen, wie erreicht, beziehungsweise wieso mancheseine/r in solch miserablen Situationen geriet/lebt und andere nicht. Vollgepumpt mit positiven und negativen Eindrücken dieser bunten Stadt schloss ich diesmal noch vor Mitternacht die Augen.
Pünktlich um 10 Uhr stand ich am nächsten Tag vor der Neuen Nationalgalerie, die ich mir nochmals anschauen wollte. Die Ausstellung zu Andy Warhol “Velvet, Rage and Beauty” fand ich gut, da die vermeintlich sexuell lesbaren Motive, desto mehr man sah immer weniger bzw. überhaupt nicht mehr sexuell wurden. Es war als würde man zu einer bestimmten Asexualität getrieben worden. Ich bekam den Eindruck einen sehr persönlichen Teil seiner Arbeit sehen zu können. Ebenfalls interessant war die entstandene Atmosphäre von Besuchern und Werken wo man klar sagen konnte, dass es mach einer/m teils peinlich wurde länger auf ein bestimmtes Bild zu sehen, vor allem bei jungen Schülern merkte ich die Angst immer noch von Klassenkollegen diskriminiert zu werden wenn man sich jetzt als heterosexueller Mann vermeintlich homosexuelle Inhalte ansieht. Es gab auch ein Video welches den damaligen Zeitgeist in New York aber auch weltweit gut beschrieb. Die Aufbruchsstimmung und dann der große Fall in das Loch, bekannt als die Aids Krise. Technisch fand ich die Handzeichnungen super angenehm anzusehen, da die Strichsicherheit dich beinahe durchs Bild leitet. Schade fand ich allerdings, dass die kleinen Selbstporträtfotos von außen nur sehr schwer zu erkennen sind und man nicht zahlenden Gästen so auch nur ein überschaubares Angebot liefert. Aber immerhin kann man einen Blick ins Museum werfen auch wenn man nicht zahlt was ich schon mal super finde.
Nach meinen Besuch in der Neuen Nationalgalerie wollte ich noch Michaelas Empfehlung nachgehen und auf den Kirchturm der Matthäuskirche hoch, welcher aber genau an diesem Tag gesperrt war. Am Brandenburger Tor kam man leider nicht vorbei weil da ein riesiger Bildschirm den Durchgang versperrt und Absperrgitter den Zugang verweigern an diesem geschichtsträchtigen Ort. Anscheinend vereint Fußball, so das Werbeplakat. Kurz aber intensiv war dieser Berlin-Aufenthalt aber gelohnt hat er sich alle mal!
Rezension zu Diederichsens 21. Jahrhundert des langgedienten Radio-Moderator Klaus Walter , nebst criticality übende Radio-Sendung vom 7.5. WDR 3 https://www1.wdr.de/mediathek/audio/wdr3/open/expop/audio-diedrich-diederichsen-und-das-jahrhundert-100.html „Gut am DD-Denken ist, „dass er nicht in einer Antithese dachte, sondern in einem Komplex von Antithesen, der sich nicht nur gegen das vorgefundene Alte richtete, sondern auch gegen die Installation einer neuen Orthodoxie.“ Schreibt DD. „Schreibst du da über dich selbst?“ Frage ich ihn nachmittags in Frankfurt, abends hält er einen Vortrag zur Ausstellung von Cosima von Bonin in der Schirn. „Das wäre ein bisschen zu viel der Ehre. Ich kann mich freuen an einer Persönlichkeit, die so funktioniert“, antwortet DD. Die Persönlichkeit ist Mike Kelley, der Satz steht in einem Nachruf auf den US-Künstler. Kelley wird gerade im Düsseldorfer Museum K21 gewürdigt, DDs Text stammt aus dem Jahr 2015 und klingt wie gerade eben jetzt geschrieben zu einer gerade eben jetzt akuten Lage, etwa den nach dem 7. Oktober notorisch unterkomplexen These-Antithese-Schlagabtausch im Zeichen der Vereindeutigungzwänge, der selten über die Installation einer neuen Orthodoxie hinauskommt – oder über die Affirmation alter Orthodoxien. (…)“
aufregendes, forderndes, 3 tägiges Präsenzaufnahmeverfahren in der Lehargasse letzte Woche. Wir haben uns jede Mühe gegeben, vielversprechende Leute in die Klasse einzuladen. Concerned wegen denen, die wir nicht aufnehmen können. Kommt hoffentlich nicht zu brutal.
Zur Eröffnung der Festwochen am herrlich beleuchteten Rathaus beste Stimmung. Zwei Regenponchos geschenkt bekommen.
Wie wohlwollend gleichmäßig gelaunt quasi alles von allen beklatscht und hingenommen wurde. Lustig harmlos sympathischer Voodoo Jürgens, Ernst erzeugende Pussy-Riot Vertreterin, selbst Bipolar Feminin mit ihrem Sack ab-ich-töte-euch-alle-Geschrei. – Poßt! (Applaus) (geht ab)
Hier die komplette Aufzeichnung mit Grußworten aus aller Welt, Auftritten von Elfriede Jelinek, Pussy Riot, Gustav, Carola Rackete, Kim de Horizon, Sibylle Berg usw. __
Wer sich näher mit der Arbeit von Milo Rau vertraut machen | auseinandersetzen will, dem empfehle ich die Beschäftigung mit dem Komplex Kongo-Tribunal. Da ist etwas gelungen. Da hat sich – sichtbar, meßbar – was zum Besseren verändert und geht weiter in der Entwicklung. Durch Praxis vor Ort und dann weitertragen, zusammen mit Leuten von dort. Klar und unverkitscht. ° ° °
Ankunft in Berlin. Roter Späti unter blühenden Lindenbäumen.
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Oliver Koerner von Gustorf über Malerei von Eliza Douglas, eine dauernd gelangweilte, gereizte und süchtige Welt, die zeitgenössische Hazel-Arbeit, das Dilemma der Kunstkritik °
Geführt von Erich Gantzert-Castrillo am 17.07.2007
EGC: Günther, Du hast von 1973 bis 1979 an der Münchner Kunstakademie bei Karl Fred Dahmen Malerei studiert und in Deiner ersten Ausstellung 1974 in der Akademie sechs graue Bilder gezeigt. Den Angaben zufolge sind diese auf Nessel mit Dispersion und Kreide gemalt. In den folgenden Jahren hast Du ein großes Konvolut an Bildern auf so unterschiedlichen Bildträgern wie Blei, Leinwand, Cotton duck, Kupfer, Holz, Sperrholz, Hartfaserplatten, Pressspan, Aluminium, Masonit und Polyestergewebe geschaffen. Zu den schon erwähnten Farben – Dispersion/Kreide – kommen Acryl, Ölfarbe, Tempera und Luftlack und auch Blattgold dazu. In der Zeit von 1974 bis 1990 hast Du immer wieder Nessel als Bildträger verwendet und mit unterschiedlichen Farbsystemen bemalt, wie: Dispersion/Kreide, Acrylfarbe und Ölfarbe. 1990 hast Du neben einer vierteiligen eine dreiteilige Shaped Canvas-Arbeit geschaffen, hier liegt der Nesselstoff über Holz. Deine ersten sechs grauen Bilder in der Klasse von Karl Fred Dahmen hast Du mit Dispersion und Kreide auf Nessel gemalt sowie zwei weitere, die im Besitz Deiner Tochter Cécile sind. In dem Gespräch, das Du mit Thomas Groetz geführt hast, fragt er Dich: »Die monochromen Bilder im Frühwerk sind zunächst grau und schwarz, haben diffuse und stumpfe Oberflächen und entfalten dann langsam ihre Farbigkeit, quasi aus einer Negation heraus. Ist diese Beobachtung zutreffend?« Du antwortest darauf: »Die grauen Bilder, die in den ersten 3 Jahren an der Akademie gemalt wurden, sind aus einer gewissen Verweigerungshaltung heraus entstanden. Über einer schwarzen Grundierung liegt ein grauer Schleier, ähnlich einer gewischten Schultafel. Jedes Grau oder Schwarz hat eine Farbigkeit, die über einen Vergleich mit anderen Farben erfahrbar wird.« Hast Du die Materialien aus Kostengründen so gewählt oder weil Du mit dieser Materialwahl die gewünschte Bildvorstellung erreichen konntest?
Der Fachbereich Abstraktion lädt herzlich ein zur Ausstellung non–finito Vollkontakt. Die schönsten Probleme der Welt, ein Gruppen-Ganzes aus abstrakten Problemformalisierungen, konkreten Materialkonfrontationen und unfertigen Gruppenbegehren.
Wenn die Kunstproduktion allgemein und der malerische Prozess im Besonderen ein Vollkontakt ist – mit dem Material, mit der Arbeit als endlose Aufgabe, mit dem Anspruch der Kunst, mit den eigenen Unzulänglichkeiten –, dann bleibt dieser Kontakt in einem fertig- und ausgestellten Kunstwerk nur als eine Ahnung übrig. Da die Spur einer körperlichen Anstrengung, da der Schatten des existenziellen Zweifels, und irgendwo immer die Resistenz des Materials.
Die Unmöglichkeit der vollständigen Übersetzung des vollkontaktischen Prozesses in sein Produkt eröffnet eine Kluft, die sich als schönes Problem darstellt und dem sich ein weiteres hinzugesellt: der Kontakt mit der Kunst in der Rezeption. Ich, selbst handgriffliche Analphabetin und den Vollkontakt mit außertextlichem Material stets vermeidend, kann den malerischen Handgriffen nur in der Rezeption und dann als Text begegnen, in dem sich ein weiteres Kontaktproblem eröffnet: die Sprache. Non-finito Kontakt- und Konfrontationsketten, niemals lösend, stets problemorientiert vermehrend. Am Ende sagen alle, ob abstrakte Malerin oder figurative Schreiberin, geeint in der Dialektik, geh mir weg mit deiner Lösung, sie wäre der Tod für mein Problem.
Sophia Rohwetter
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Atlas-Sklave von Michelangelo 1523 - 1526(Lieblingsverzweiflungsausdruck, among others. Sich den schweren, grob behauenen Steinkopf abreißen wollen. )
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Gestern vor dem Einschlafen stand mir glasklar ausformuliert vor Augen, was ich mit Vollkontakt meine. So klar, dass man sich sicher ist, es nicht zu vergessen und nicht nochmal das Licht anmacht, um es aufzuschreiben.natürlich vergessen.Ich glaube ich will sagen, dass man als Künstler eigentlich immer arbeitet. Alle sichtbare, ununterbrochen auf einen einschießende Welt ununterbrochen in Beziehung setzt zum Denken und zum Tun. Man verdammt dazu ist, das Gesehene verstehen zu wollen und etwas daraus zu machen. - Wie es angemessen überführen und umsetzen? Und die treffendsten Ergebnisse erzielt, wenn man maximal verstrickt ist ins Material und in Kontakt mit sich selbst.